Testbasis
R 2.1.0
Beschreibung
Im Rahmen des fundamentalen Testprozesses folgt auf die Testplanung die Phase Analyse und Design. Die Testbasis stellt die Grundlage für diese Phase dar. Analysiert werden alle Spezifikationen, Dokumente, Systeme und Artefakte, die Anforderungen für die zu testende Anwendung liefern.
Analyse: Zur Bestimmung der Testbasis werden zunächst alle Informationen und Anforderungen zum Testobjekt gesammelt und analysiert, aus denen Testfälle abgeleitet werden können.
Design: Um Testfälle entwerfen zu können, wird eine möglichst vollständige Testbasis benötigt, die uns mit den dazu benötigten Informationen versorgt.
Zur Analyse können verschiedene Quellen herangezogen werden, wie z.B. Dokumente (Spezifikationen, Gesetze etc.), am Entwicklungsprozess beteiligte Stakeholder (z.B. anhand von Interviews) oder Fremdsysteme (Vorgängersysteme, Konkurrenzsysteme etc.). Die Testbasis muss hinsichtlich ihrer Qualität bewertet werden. Ist diese nicht ausreichend oder fehlen trotz intensiver Analysen noch Informationen, müssen zur Testfallerstellung Annahmen getroffen und verifiziert werden.
Die Grundlage der Testbasis bilden also die Anforderungen an das zu testende System. Eine wichtige Rolle für die erfolgreiche Umsetzung der geplanten Testmaßnahmen stellt die Rückverfolgbarkeit dar, also die Verweise zwischen Testbasis und Testfällen in beide Richtungen.
Beispiele für Dokumentation und Information
…um eine möglichst vollständige Testbasis zu haben:
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Anforderungsdokumente (wie z.B. User Stories, Pflichtenhefte, Business-Modelle, Geschäftsvorgänge und Anwendungsfälle),
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System- und Produktbeschreibungen (wie z.B. die Ziele in Projektanträgen, Vertragsdokumente, Marketingdokumente) - kurz alle Dokumente, in denen den Stakeholdern etwas versprochen wurde,
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Spezialwissen bestimmter Personen mit großer fachlicher Expertise,
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Besprechungsprotokolle von Workshops mit Product Owner, Endanwendern und Kunden,
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Normen, Standards, Gesetze und Regularien, die in der Software umgesetzt sein müssen,
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Richtlinien zur grafischen Benutzeroberfläche,
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Dokumentation von abzulösenden Systemen und die Systeme selbst sowie Produkte von Mitbewerbern,
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System- und Benutzungsanleitungen, Hilfetexte,
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Arbeitsergebnisse des Projektmanagements wie z.B. Statusberichte und Risikoanalysen (RBT)
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sämtliche Modelle und Diagramme aus allen Entwicklungsphasen, die die Tester verstehen können (z.B. Zustandsdiagramme, WireFrames und Mockups).
Diese Dokumente der Testbasis müssen dann hinsichtlich der enthaltenden Testbedingungen analysiert werden, sodass jeweils die optimalen Testverfahren gewählt werden können, um folgende typische Fehler aufzudecken:
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fehlende Umsetzung von erwartetem oder gefordertem Systemverhalten
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fehlerhafte Anzeige, Selektion, Speicherung oder Berechnung von Daten
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falscher Ablauf in Anwendungsfällen, Geschäftsvorgängen oder Arbeitsabläufen
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Widersprüche zwischen tatsächlichem Systemverhalten und dessen Dokumentation
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schlechte Performanz, geringe Fehlertoleranz, schlechte Benutzbarkeit und andere Problem mit nicht-funktionalen Qualitätsmerkmalen
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Systemabstürze oder anderes Versagen der Systeme
Testorakel
Bei jeder Durchführung eines Testfalls wird i.d.R. auf eine Dateneingabe eine Ausgabe des Systems unter Test erwartet. Nach jedem durchgeführten Testfall muss entschieden werden, ob eine Fehlerwirkung vorliegt oder ob das System ordnungsgemäß funktioniert. Diese Entscheidung basiert auf dem Vergleich des beobachteten Testergebnisses mit dem laut Testfall erwarteten Ergebnis. Die Herausforderung beim Testentwurf ist es, die erwarteten Ergebnisse aller zu erstellenden Testfälle mit möglichst geringem Aufwand vorab zu bestimmen.
Woher bezieht man also die Informationen, um zu entscheiden, ob ein Test im Ergebnis erfolgreich verlaufen ist oder nicht?
Beispiele für Testorakel, welche diese Informationen liefern, können u.a. sein:
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Verhalten des (getesteten) Altsystems
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Verhalten des (getesteten) Produktionssystems
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Anforderungsdokumente
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Spezifikationen
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Prototypen
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Benutzerhandbuch
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Erfahrungswerte und Expertenwissen
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System unter Test selbst (schlechteste Möglichkeit)
Quellen
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ISTQB Glossary Testbasis, abgerufen am 19.08.2024
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ISTQB Glossary Testorakel, abgerufen am 19.08.2024
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it-economics GmbH, der fundamentale Testprozess, abgerufen am 08.04.2024
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A. Spillner, T. Linz - Basiswissen Softwaretest, 7. Auflage, 2024