Reifegrade des Risikobasierten Testens
R 2.0.0
Allgemeine Beschreibung
Art und Umfang der Testaktivitäten, die im Zusammenhang mit einem bestimmten Baustein durchgeführt werden, sagen etwas über die "Reife" eines Projektvorgehens aus. Probieren Sie doch mal, sich anhand unseres Fragebogens selbst einzustufen! Wir definieren für jeden Baustein vier unterschiedliche Reifegrade und geben Ihnen Hinweise darauf, auf welcher "Stufe" Sie sich gerade befinden, bzw. geben Ihnen Hilfestellung durch welche konkreten Maßnahmen Sie eine höhere Stufe, einen höheren Reifegrad also, erreichen können.
Reifegrad "Initial"
Die bewusste Einteilung und Risikoklassifizierung des Gesamtsystems in geeignete und handhabbare Testobjekte finden nicht statt. Eine Risikobetrachtung der zu prüfenden Testgegenstände zur Priorisierung der Testaktivitäten erfolgt nicht. Stattdessen werden alle Anwendungsteile mit gleichem Ressourcenaufwand ("Gießkannenprinzip") getestet, um eine gleichmäßige Testabdeckung zu gewährleisten. Eine Befragung verschiedener Beteiligter oder Analyse bestehender Artefakte im Hinblick auf Komplexität, Wichtigkeit und Risiken einzelner Anwendungsteile wird nicht vorgenommen.
Kontrollpunkte
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Gleichmäßig umfangreiches Testen aller Bereiche der Gesamtanwendung
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Elemente der Software sind als gleichermaßen wichtig angesehen
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Aufwände werden mit der "Gießkanne" oder nach dem Schrotflintenansatz über das "System under Test" (SUT) verteilt.
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Fehlende Berücksichtigung verschiedener Blickwinkel auf die Anwendungsteile
Verbesserungsvorschläge
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Einführung von Risikobasiertem Testen
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Einteilung der Gesamtanwendung in sinnvolle Testobjekte (z.B. technische Komponenten oder fachliche Anwendungsfälle)
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Befragung verschiedener Stakeholder zur Festlegung von Indikatoren zur Risikoeinschätzung der Testobjekte
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Auswertung bestehender Artefakte (Spezifikationen, Anforderungen, Dokumentationen etc.) im Hinblick auf Komplexität, Wichtigkeit und Risiken
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Einsatz einfacher Methoden, wie Zählen und Zuordnen von Abweichungen zu den Testobjekten um Fehlereintrittswahrscheinlichkeit zu messen
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Verwendung unterschiedlicher Testmethoden in Abhängigkeit der Risikoklassen der zu prüfenden Testobjekte
Reifegrad "Kontrolliert"
Dar Risikobasierte Testvorgehen wird eingeführt. Testobjekte werden definiert. Die zentralen Dimensionen (Komplexität, Fehlereintrittswahrscheinlichkeit und Schadenshöhe) werden Beteiligung und Einbeziehung verschiedener Stakeholder ermittelt. Diese Testmaßnahme hat nur geringe Auswirkungen auf das Ressourcenmanagement und wird nur in seltenen Fällen zur Projektsteuerung eingesetzt.
Mehrwert
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Die Einteilung des "System under Test" (SUT) in definierte Testobjekte ermöglicht unterschiedliche Aufwandsverteilung.
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Fehlerkorrekturen werden priorisiert nach Risikoklasse geplant
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Bewusstsein für unterschiedliche Auswirkungen von Fehlerwirkungen nach Komponenten wird geschaffen
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"Risiko" kann als ein messbarer und somit vergleichbarer Faktor in die Projektsteuerung mit einbezogen werden.
Kontrollpunkte
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Testobjekte werden geeignet aufgeteilt, priorisiert und maßgeschneidert getestet
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Befragung verschiedener Stakeholder zu Komplexität, Wichtigkeit und Risiken sind üblich
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Auswertung bestehender Datenquellen und Dokumentationen als Eingabequellen für die Risiko- und Komplexitätsbestimmung
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Testobjekte werden durch verschiedene Testaktivitäten skaliert qualitätsgesichert
Verbesserungsvorschläge
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Testressourcen dauerhaft gezielt, planvoll und priorisiert einsetzen
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Erkenntnisse aus dem Risikobasierten Test zur Projektsteuerung nutzen
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Kontinuierlichen Austausch mit der Projektleitung etablieren
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Releaseumfänge, Supportmaßnahmen, Veröffentlichungen von Patches und gegebenenfalls Workarounds sind den Stakeholdern nachvollziehbar begründbar
Reifegrad "Effizient"
Die Aktivitäten zum Einsatz des risikobasierten Testens werden in einem definierten Prozess iterativ im Projekt eingesetzt. Im Hinblick auf den Ressourceneinsatz wird das Herangehen optimiert und führt zu einem günstigeren Kosten-Nutzen-Verhältnis. Die Projektsteuerung profitiert vom kontinuierlichen Austausch zu den Erkenntnissen aus dem risikobasierten Test.
Mehrwert
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Der zielgerichtete Personaleinsatz bei knapper Zeit ergibt ein günstigeres Kosten-Nutzen-Verhältnis bei sämtlichen Aktivitäten.
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Durch die Konzentration auf kritische Bereiche werden priorisierte Abweichungen mit großen Auswirkungen früh entdeckt.
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Der iterative Prozess ist etabliert und wird in den verschiedenen Testmaßnahmen eingesetzt.
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Die Projektsteuerung profitiert vom regelmäßigen Austausch zu den Erkenntnissen aus dem risikobasierten Vorgehen
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Fehlervorhersage (fault prediction) wird möglich
Kontrollpunkte
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Gezielter Einsatz der Test- und Entwicklungsressourcen anhand der erfolgten Priorisierung
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Statusupdates mit der Projektleitung zu Risiken sind etabliert
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Projektsteuerung kann die Erkenntnisse aus den risikobasierten Tests nutzen
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Risikobasierter Ansatz liefert frühe Ergebnisse aus kritischen Testobjekten
Reifegrad "Optimierend"
Die erreichte effiziente Stufe des Einsatzes des risikobasierten Tests wird gepflegt, an den Projektfortschritt sowie an Änderungen im Projekt angepasst. Es erfolgt eine stetige Überprüfung und Verbesserung des Prozesses. Schulungen und Weiterbildungen zum Thema Risikobasiertes Testen werden angeboten und wahrgenommen.
Mehrwert
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Risikobasierter Ansatz ist etabliert und wird regelmäßig überprüft und verbessert
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Änderungen im Projekt werden direkt kommuniziert und in den Planungen berücksichtigt
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Der Wissensaufbau zum Thema Risikobasiertes Testen wird durch Schulungen sichergestellt
Kontrollpunkte
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Überprüfung der Tauglichkeit des risikobasierten Testvorgehens zum jeweiligen Projektfortschritt
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Unmittelbares Einfließen von Änderungen im Projekt in das Vorgehen
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Die kontinuierliche Verbesserung des risikobasierten Ansatzes erfolgt, z.B. anhand des PDCA-Zyklus nach Deming
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Es finden Schulungen und Weiterbildungen zum Thema Risikobasiertes Testen statt.
Quellen
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Margaret Rouse, Shotgun Approach, aufgerufen 03.12.2024
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TPI NEXT - Geschäftsbasierte Verbesserung des Testprozesses; van Ewijk, Linker, van Oosterwijk, Visser, de Vrie, 1. Auflage 2011